Am 24.03.2022 wurde eine provisorische Informationstafel für die Zwangsarbeiter:innen der Adler-Werke auf dem Dragonerareal enthüllt.
Arbeitsgruppe
Die Arbeitsgruppe zur Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus der Garde-Dragoner-Kaserne hat am 24.03.2022 eine provisorische Informationstafel an der Alten Reithalle enthült. Sie soll an die Zwangsarbeiter:innen und die Zwangsarbeiteruntsunterkunft der Adler-Werke erinnern. Die Arbeitsgruppe wünscht sich die Aufgrabung und den Erhalt von Zeugnissen der NS-Zwangsarbeit auf dem Gelände. Eine Internetseite über die NS-Zwangsarbeit in der Tempelhofer Vorstadt ist eingerichtet worden.
Dragonerareal
Als Dragonerareal wird ein 4,7 Hektar großes Kasernengelände bezeichnet, das sich hinter dem heutigen Finanzamt Friedrichshain-Kreuzberg am Mehringdamm befindet. Die Berliner Immobilien-management GmbH (BIM), die Wohnungsbaugesellschaft Mitte und der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg entwickeln zusammen mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen das landeseigene Gelände.
Eine der Zwangsarbeitsunterkünfte, die des Autoherstellers Adler, konnte im Rahmen der Erarbeitung des Denkmalpflegeplans im 1. Stock der Alten Reithalle lokalisiert werden.
In Vorbereitung der Anbringung einer „offiziellen“ Informationstafel wurde am 24.03.2022 eine provisorische Informationstafel an der Alten Reithalle enthüllt. Sie wurde von der Arbeitsgruppe „zur Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus der Garde-Dragoner-Kaserne angebracht. Die Arbeitsgruppe ist Mitglied im Aktiven Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. und besteht aus Lothar Eberhardt, Eberhard Elfert und Gerda Lischke. Die Initiativen, denen sie angehören, haben die Internetseite zur NS-Zwangsarbeit in der Tempelhofer Vorstadt eingerichtet: www.zwangsarbeit-berlin.de
Anfang Mai 2022 wurden die Ergebnisse des städtebaulichen Werkstattverfahrens, des sogenannten Dragonerareals bekannt gegeben. Dazu gehört auch die Festlegung der Nutzung von Flächen und Gebäuden. Nach der derzeitigen Planung sollen in Neubauten ca. 500 Wohnungen entstehen. Es sollen ein großer Gewerbeblock sowie zwei Anbauten an die Mannschaftsunterkunft (heute als Finanzamt genutzt) errichtet werden. Die Einrichtung einer Kita und einer Jugendfreizeiteinrichtung ist vorgesehen.
Als nächster Schritt wurde im Herbst Winter 2022/2023 mit Abrissarbeiten und der Einrichtung der Baustellen begonnen werden. Bei weiteren Arbeiten könnten bedeutende Spuren der Zeit des Nationalsozialismus und der Zwangsarbeit unwiederbringlich verloren gehen und zukünftig eine Erinnerung an die Ereignisse der NS-Zeit erschwert werden.
Anbringung einer offiziellen Gedenktafel
Die Arbeitsgruppe wünschte sich, dass jetzt ein Verfahren zur Anbringung einer „offiziellen“ Informationstafel an der Alten Reithalle eingeleitet wird. (Abb. 2, A) Damit soll sichergestellt werden, dass in Zukunft Flächen freigehalten werden, die im Rahmen der Erinnerung an die NS-Zwangsarbeit zugänglich sind. Die Tafel soll an die NS-Zwangsarbeit auf dem Gelände der Garde-Dragoner-Kaserne, insbesondere an die Zwangsarbeiter:innen des Automobilherstellers Adler erinnern.
Aufgrabung an verschiedenen Standorten
Fundamente des Offizierspferdestalls
Der Arbeitsgruppe hält es für möglich, dass der 1910 errichtete Offizierspferdestall (Abb. 2, B – Abb. 3 ) im südlichen Reiterhof im Zweiten Weltkrieg als Zwangsarbeitsunterkunft genutzt worden ist. Der Stall wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die Fundamente befinden sich mit großer Wahrscheinlichkeit noch im Boden.
Vermuteter Splittergraben
Die Arbeitsgruppe geht davon aus, dass sich im Boden des nördlichen Reiterhofes Reste eines Splitterschutzgrabens (Abb. 2, C) befinden. Denn auf verschiedenen Abbildungen (Abb. 4) sind in dem Hof Strukturen zu erkennen, die anderenorts als Splitterschutzgräben identifiziert worden sind. In absehbarer Zeit soll im nördlichen Reiterhof mit Abriss- und Ausschachtungsarbeiten begonnen werden. Als Splitterschutzgräben werden im Boden befindliche und aus Betonfertigteilen errichtete Bauwerke aus dem Zweiten Weltkrieg verstanden, die Schutz vor umherfliegenden Trümmern bieten sollten.
Die Arbeitsgruppe wünscht sich, dass das Landesdenkmalamt (Abteilung Gartendenkmalpflege und Archäologie) zu gegebener Zeit prüft, ob Aufgrabungen an dem Standort des Offizierspferdestalles und des vermuteten Splitterschutzgrabens vorgenommen werden können. Nach der Prüfung sollten entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden.
Erhalt einer Putz-Signatur, die auf die Rüstungsproduktion verweist
Für eines der Rüstungsbetriebe auf dem Gelände, dem „Preißker & Co/Nachfahren der Karosseriebau Luisenstadt“, ist im Jahre 1943 ein Behelfsbau errichtet worden (Abb. 2, D). Das Gebäude entstand, weil es als „kriegswichtig“ eingestuft wurde. Es ist anzunehmen, dass es von Zwangsarbeiter:innen errichtet worden ist.
Am Gebäude befindet sich die Putz-Signatur (Abb. 5) „F. Schüttauf. 1943“. Bei F. Schüttauf könnte es sich um „Schüttauf, Franz, Baugeschäft“ handeln, das im Adressbuch von Berlin von 1943 verzeichnet ist. Die Putz-Signatur ist eines der letzten erhaltenen materiellen Zeugnisse der Zeit der Rüstungsproduktion und der NS-Zwangsarbeit der Garde-Dragoner-Kaserne. Das Gebäude soll nach den derzeitigen Planungen abgerissen werden.
Die Arbeitsgruppe wünschte sich, dass das Landesdenkmalamt und die Untere Denkmalschutzbehörde zu gegebener Zeit prüfen, ob diese Putz-Signatur erhalten bleiben kann. Die Prüfung erfolgte, Putz-Signatur soll erhalten bleiben.
aktualisiert Oktober 2023